9.2.2011: Zur Entscheidung der Bürgerschaft für den Ausbau der Wilhelmsburger Reichsstraße

Pressemitteilung 9.2.2011

Zur Entscheidung der Bürgerschaft für den Ausbau der Wilhelmsburger Reichsstraße

Neben die Bahn noch die Autobahn durch die neue Wilhelmsburger Mitte? Können Wilhelmsburg Ost und Wilhelmsburg West so zusammenwachsen? ©Copyright Manuel Humburg

Neben die Bahn noch die Autobahn durch die neue Wilhelmsburger Mitte?
Können Wilhelmsburg Ost und Wilhelmsburg West so zusammenwachsen?
©Copyright Manuel Humburg

1.    CDU und GAL haben sich gegen Bürgerbeteiligung und für Konfrontation und Rechtsstreit entschieden.

Noch vor zwei Wochen hat die ehemalige Senatorin Hajduk bekannt, dass das Bürgerbeteiligungsverfahren in Wilhelmsburg gescheitert sei. Vertreter auch von GAL und CDU  haben sich wortreich zu mehr Bürgerbeteiligung bekannt. Mit der Entscheidung der Bürgerschaftsmehrheit und damit dem Beginn des Planfeststellungsverfahrens ist der Schalter von einem möglichen offenen Dialog zu Konfrontation und Rechtsstreit umgestellt. Verständigung über Lösungen ist dann nicht mehr möglich, weil die BürgerInnen zu Wahrung ihrer Rechte alle Energie in Einwendungen und die Vorbereitung von Klagen einsetzen müssen. Die Behörde ihrerseits führt eine teure Propagandakampagne durch mit einseitig von ihr bestimmten Websites, Broschüren, Ausstellungen und Veranstaltungen. Ihre Kosten zahlt ja der Steuerzahler,  während die BürgerInnen für jede rechtliche oder gutachterliche Unterstützung selbst zahlen müssen.

Was die BSU (BSU, 2011: Neue Wege für die Reichsstraße, S.14) unter Beteiligung versteht:
„Von nun an werden wir Sie mit zahlreichen Veranstaltungen und Informationsangeboten über den aktuellen Stand des Projektes sowie die Entwicklungsmöglichkeiten und Chancen für Wilhelmsburg informieren. Dabei freuen wir uns über Ihre Anregungen, Fragen und Wünsche, damit wir diese in der weiteren Planung berücksichtigen können.“

Bürger sind keine Bittsteller und keine Untertanen. Sie haben Positionen, Rechte, Forderungen. Aus Stuttgart 21, wo Regeln für gleichberechtigte Bürgerbeteiligung erarbeitet wurden, haben CDU und GAL in Hamburg nichts gelernt.

2.    Erst der engagierte Protest hat zur Planung von mehr Lärmschutz geführt.

Nach den im Herbst 2009 zwischen der Senatorin Hajduk und dem Bundesverkehrsministerium vereinbarten Planungen war minimaler Lärmschutz vorgesehen. Der Lärmschutz ist in den aktuellen Planungen jetzt erheblich ausgeweitet worden. Das ist vor allem den engagierten Wilhelmburger_innen und  Harburger_innen zu verdanken, die sich mit öffentlichen Stellung-nahmen, großen Demonstrationen, phantasiereichen, nahezu wöchentlichen Aktionen bei Wind und Wetter und der Bereitschaft zu Klagen gegen das Projekt kompetent und nachhaltig Gehör verschafft haben. Den Verkehrsbehörden von Bund und Land wurde klar, dass ihr Mini-Lärmschutzkonzept spätestens bei Gericht scheitern müsste.

3.    Die Planungen führen nicht zu dem von der Senatorin a.D. Hajduk angekündigten Wohnungsbau.

6000 Wohneinheiten könnten nach der Ankündigung von Frau Hajduk vom März 2009 bei Verlagerung der Wilhelmsburger Reichsstraße entstehen . Tatsächlich gibt es keine Planungen von Wohnungsbau. Im Gegenteil: Mit dem geplanten Autobahnanschluss Rotenhäuser Straße bekommen Containerlager, Industrie und Speditionen im ausgewiesenen Industriegebiet zwischen Bahn und derzeitiger Wilhelmsburger Reichsstraße einen direkten Autobahnan-schluss. Die Anschlussstelle ist auf das Industriegebiet ausgerichtet und hat deshalb nach Westen kaum Lärmschutz. Die BSU hat keinen einzigen Schritt unternommen, um das Industriegebiet in ein Wohn- oder Mischgebiet zu verwandeln.  Wer sollte daran glauben, dass die Betriebe irgendwann aus dieser für sie attraktiven Lage zu Gunsten einer Wohnbebauung weichen?

4.    CDU und GAL haben sich für mehr und schnelleren  Straßenverkehr und die Rückkehr der Pendler  von der Schiene auf die Straße entschieden.

Nachdem in den 1980er Jahren gegen Bürgerwiderstand die Harburger Stadtautobahn A253 gebaut wurde und nun die Wilhelmsburger Reichsstraße zu einer vollwertigen Autobahn – vorerst mit einem gelben Bundesstraßenschild – ausgebaut werden soll, fehlen nur noch 4,5 km auf der Bremer Straße für eine Autobahn von der Veddel über Wilhelmsburg und Harburg in Richtung Bremen. Der Druck, auch diese „Lücke“ auf Autobahnstandard auszubauen, wird steigen und natürlich auch mit dem „besseren Lärmschutz“ für die Bewohner_innen begründet werden.
Die Planungen der sogenannten Hafenquerspange als Verlängerung der A26 zur A1 können zudem bei der AS Wilhelmsburg – Süd zu einem vollwertigen Autobahnkreuz über mehrere Ebenen führen.
Die Alternative zu dieser Planung wäre ein von der Bürgerschaft und der BSU zugesagtes Gesamt-Verkehrskonzept für nachhaltige Verkehrsgestaltung gewesen, das dem Anspruch einer European Green Capital gerecht würde.

5.    Eine lebendige „Wilhelmsburger Mitte“ wird es so nicht geben

Der Verkehr in die Wilhelmsburger Mitte wird auf Umwegen durch die Dratelnstraße an den Schulen vorbei geführt, sowie über die Thielenbrücke mitten ins Bahnhofsviertel und das Gelände der neuen Tor-zur-Welt-Schule. Ausweichverkehr wird es über die Wohnstraßen geben. Der Einkaufsbereich  am Berta-Kröger-Platz verliert Händler und Kunden.
Die neue von der IBA initiierte Bebauung westlich der Eisenbahn soll durch eine Fußgänger-brücke mit dem Berta-Kröger-Platz und dem Bahnhof verbunden sein. Ein von manchen geforderter großer Deckel, wie er im Nordwesten über der A7 geplant ist, wird bei der Wilhelmsburger Mitte nicht einmal  geprüft.
Wilhelmsburg wäre bei Umsetzung der Planungen  mit dem riesigen Verkehrsband von Bahn und Autobahn auf ewige Zeiten in zwei Teile zerschnitten.

Die Pressemitteilung vom 9.2.2011 als PDF

PM-09022011-WRS

Hinterlassen Sie eine Antwort