Zur Geschichte der Einwohnerversammlungen in Wilhelmsburg

Alle 10 Jahre: MEUTEREI AUF DER INSEL

94-02-16-Meuterei gegen MVA

94-02-16-Das ist der Beginn einer Meuterei
Bürgerversammlung Bürgerhaus Wilhelmsburg

Einwohnerversammlungen und Bürgerengagement
haben auf der Elbinsel eine lange und erfolgreiche Tradition

Nach der Flut 1962

hatte der Hamburger Senat geplant, Wilhelmsburg zu evakuieren und zum Industriegebiet werden zu lassen. Nach jahrelangen Auseinandersetzungen konnte 1977 Wilhelmsburg endlich wieder als Wohnstandort gesichert werden.

1973 wurde die Trasse für eine Güterumgehungsbahn im Flächennutzungsplan aufgenommen

Sie sollte von Maschen durch das Naturschutzgebiet Heuckenlock, Moorwerder und die Vier- und Marschlande laufen. Mit großen Versammlungen und Treckerdemonstrationen konnte diese katastrophale Fehlentscheidung verhindert werden. Der Güterverkehr konnte auf dem vorhandenen Bahnkörper untergebracht werden.

Güterumgehungsbahn-auf-Eis

„Güterumgehungsbahn-auf-Eis“ – Wilhelmsburger Zeitung 4.4.1978
©Copyright Heinz Wernicke

1984 – Mülldeponie Georgswerder

Mit 2 großen Einwohnerversammlungen in der Pausenhalle der Dratelnstraße (einmal mit den Senatoren Curilla und Kuhbier und mit dem Bürgermeister v. Dohnanyi am 17.1.84.) wurde der Senat zu einer nachhaltigen Sanierung der dioxinverseuchten Mülldeponie Georgswerder gedrängt. Er verspricht , auf den Bau einer Hafenquerspange zu verzichten und setzte die Anregung zu einem Internationalen Dioxin-Symposium um, schloss daraufhin die Firma Boehringer in Moorfleet und machte die Deponie zu einer der bestsanierten in ganz Deutschland.

dohnanyi_1984

dohnanyi_1984
Der Bürgerzorn ist groß

1994 Engagierte Bürger verhindern Müllverbrennungsanlage

1994 konnte der Senat vor einem erneuten Schildbürgerstreich bewahrt werden: Ausgerechnet der müllbelastete Stadtteil Wilhelmsburg sollte Standort einer Müllverbrennungsanlage werden. Weil sie mit ihren Argumenten kein Gehör mehr beim Senat fanden, luden alle Fraktionen des Ortsausschusses Wilhelmsburg am 16. Februar zu einer Einwohnerversammlung ein. Im überfüllten großen Saal des Bürgerhauses wurde dem damaligen Umweltsenator Fritz Vahrenholt (16.2.94.) die ablehnende Haltung Wilhelmsburgs unmissverständlich deutlich gemacht. Nach mehreren Montagsdemonstrationen u.a. mit Blockade aller großen Autobahnbrücken lenkte der Senat schließlich ein.

Montagsdemo-gegen-MVA_März-1994

Montagsdemo-März-1994
gegen die geplante Müllverbrennungsanlage in Wilhelmsburg
©Copyright Heinz Wernicke

1995/96 folgten eine Reihe weiterer Einwohnerversammlungen,

die so nützliche Senatsentscheidungen wie der sog. „3-Millionen Topf“ (aus dem unter anderem die Windmühle Johanna saniert wurde), die Aussetzung der Fehlbelegungs abgabe (nach der 7. Einwohnerversammlung mit  Bürgermeister Henning Voscherau am 25.3.96.) und die Entstehung des Beirats für Stadtteilentwicklung befördert haben.

Fazit: Hartnäckiges und z.T. unbequemes Wilhelmsburger Bürgerengagement hat die Elbinsel als lebenswerten Wohnstandort gesichert, mehrfach den Senat vor folgenschweren und nicht wieder gut zu machenden Fehlentscheidungen bewahrt und mit dem Programm vom „Sprung über die Elbe“ ins Zentrum von Hamburgs Stadtentwicklung im 21. Jahrhundert gerückt.

Ab 2000: Die Fehlentscheidung dieses Jahrzehnts ist die Hafenquerspange

Autobahnen werden als Umgehungsstraßen um Städte herum und nicht durch urbane Ballungsräume geführt.

Die Hafenquerspange sollte zunächst als Containerautobahn quer durch den Spreehafen, in Hochlage vor den Wohngebieten am Reiherstieg geführt werden und war ein verheerendes Signal für die Wohnstandorte Wilhelmsburg und Veddel.
Nach jahrelanger hartnäckiger Überzeugungsarbeit und 10 Jahren Spreehafenfesten hinterm Zollzaun konnte auch hier dem Senat auf die Sprünge geholfen werden: 2008 wurde die Linienbestimmung der Hafenquerspange über den Spreehafen aufgegeben.

2000-05-02-Protestparade-gegen-Querspange-888

2000-05-02-Protestparade-gegen-Querspange-888

Leider taucht die Hafenquerschlange jetzt im Süden der Elbinsel auf und soll hier als Verlängerung der A26 bis zu einer Anschlussstelle Stillhorn an die A1 angekoppelt werden. Da dies kein „Lückenschluss“ sondern ein Kurzschluss ist, sowohl verkehrspolitisch als auch aus Sicht der Stadtentwicklung, steht  die Verhinderung von Stadtautobahnen in Hamburg auf der Tagesordnung bürgerschaftlichen Engagements weiterhin ganz oben.

Bei den großen Einwohnerversammlungen 2006 und 2009 stand die Verkehrsfrage deshalb erneut im Zentrum der Debatten.

 

 

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