Der Unternehmensverband Hafen Hamburg e.V.
veröffentlichte am 4.12. 2013 seine „Anforderungen der Hafenwirtschaft im Rahmen der städtebaulichen Entwicklung auf den Elbinseln „Wilhelmsburg“ und „Veddel“.
Anforderung-Hafenwirtschaft-Elbinseln
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Die Interessengemeinschaft von Mitgliedern der Kleingartenvereine „Kolonie der Gartenfreunde“, „Sommerfreude“, „Unsere Scholle“
überreichte ihr Manifest mit dem Titel: „Erhaltet die Kleingärten, Sportplatz und Ruderclub am Assmannkanal. Wohnen geht auch am Veringkanal und anderswo!“ am 16. Dezember 2013 bei einer großen Veranstaltung im Bürgerhaus Wilhelmsburg.
Manifest – Kleingärtner am Assmannkanal
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„Begehrlichkeiten und Visionen von Architekten und Stadtplanern“
Das Papier aus der Hafenwirtschaft markiert sehr deutlich die Grenzen für die Wohnungsbaupläne, wie sie derzeit im „Zukunftsbild Elbinseln 2013+“ von der Stadtentwicklungsbehörde formuliert werden:
„Die Nähe zum Wasser, zur Innenstadt und die gute verkehrliche Anbindung
der Elbinseln wecken bei verschiedenen Akteuren – insbesondere bei Stadtplanern und Architekten – Begehrlichkeiten und Visionen.
Aber gerade diese Flächen sind für die Hafenunternehmen für den wasserseitigen Umschlag unentbehrlich. Hafenbetrieb und Industrie-produktion erzeugen zwangsläufig Lärm-, Licht- und Geruchsemissionen. Hinzu kommt, dass in diesen Betrieben i.d.R. rund-um-die-Uhr an sieben Tagen in der Woche gearbeitet wird, was Emissionen auch in den Nachtstunden zur Folge hat. Unter den im Bereich der Elbinseln angesiedelten Hafen- und Industrie-unternehmen gibt es zudem eine Vielzahl sogenannter „Störfallbetriebe“, die unter Erfüllung festdefinierter Voraussetzungen Gefahrgut (Stoffe, die leicht entzündbar, ätzend oder giftig sind) umschlagen, lagern oder auch verarbeiten dürfen.
Aus vorgenannten Gründen ist eine städtebauliche Weiterentwicklung der
Elbinseln, deren hauptsächliches Ziel es ist, die Wohnbebauung näher an
das Wasser heranreichen zu lassen, grundsätzlich ungeeignet.“
Die Elbinsel Wilhelmsburg ist Hafen und Stadt zugleich ist und daraus resultiert ein Spannungsfeld zwischen Wohngebieten und Industrie – dies fest zu stellen ist weder neu noch besonders originell. Dennoch überrascht die selbstgefällige Grundhaltung, mit der offenbar jedes Nachdenken über ein mögliches Sowohl als Auch ausgeschlossen werden soll. Und dies nach dem Rahmenkonzept des Senats von 2005, das eine städtebauliche Entwicklung in den Grenzbereichen des westlichen Wilhelmsburgs – am Reiherstieg und am Veringkanal – ausdrücklich in den Mittelpunkt seiner Politik vom „Sprung über die Elbe“ gerückt hatte. Offensichtlich ist die IBA mit ihrem „Metrozonen“ – Ansatz einer verträglichen Nachbarschaft von Wohnen und Arbeiten – zumindest in der westlichen „inneren Peripherie“ der Elbinsel gescheitert.
Zusammenfassend fordert die Hafenwirtschaft:
- Bestandsschutz und Sicherung der weiteren Entwicklungsmöglichkeit der ansässigen Unternehmen
- „Ungestörtes“ Arbeiten: Keine weiteren Restriktionen bei Emissionen und Gefahrgut
- Uneingeschränkte verkehrliche Anbindung 24 h an 7 Tagen der Woche, gilt auch für Großraum- und Schwerlastverkehr
- Bahnverkehre inklusive Rangier- und Bedienfahrten müssen ohne Einschränkungen 24 h an 7 Tagen der Woche möglich sein
- Keine Verlagerung von Unternehmen
- Neubau der Hafenquerspange im Süden Wilhelmsburgs!
- Vorhaltung von Flächen im Hafengebiet am seeschifftiefen Wasser ausschließlich für hafenbezogene gewerbliche Nutzung
Dass und wie ein einvernehmliches Nebeneinander organisiert werden kann, zeigt aktuell das Wohnprojekt „Sonnenhöfe“ in der Georg Wilhelm Straße, direkt gegenüber der Firma Mankiewicz, die industrieell Lacksysteme produziert.
Am Veringkanal dagegen scheint sich jetzt auch der Bezirk von früheren Plänen zur Wohnbebauung (so scheiterte der Bebauungsplan WB88 zwischen Gert Schwämmle Weg und der Rehaklinik am Containerlager am anderen Ufer des Kanals) zu verabschieden.
„Statt an Containerbergen, vergreift man sich an Gartenzwergen“
Das Manifest der Kleingärtner kreist um diesen zentralen Punkt: Ist es nicht durchaus wahrscheinlich, dass die Wirtschaftsverbände sich nicht nur am Veringkanal, sondern auch im Industriegebiet in der Wilhelmsburger Mitte, am Jaffe-David-Kanal gegen die „Begehrlichkeiten von Architekten und Stadtplanern“ durchsetzen? Hier gibt es 90 Betriebe mit 600 Arbeitsplätzen, die mit Unterstützung der Wirtschaftsbehörde den selben Bestandschutz einfordern dürften. Zumal dieses Industriegebiet eine direkte Anbindung an das Fernstraßennetz erhalten soll, wenn die Pläne für die Wilhelmsburger Reichsstraße gerichtlich durchlaufen sollten.
Wo wäre denn dann noch Platz für die 3100 geplanten Wohnungen in der Wilhelmsburger Mitte? Voraussschauend hat die IBA auch die Kleingartenflächen beiderseits des Assmannkanals als Bestandteil der dortigen „Metrozone“ identifiziert.
Die Kleingärtner wehren sich dagegen, als Flächenreserve, Manövriermasse, Spekulationsgebiet und Spielball betrachtet zu werden.„Wir haben unsere Gärten schon immer als öffentlich zugänglichen Erholungsraum verstanden.
Für rund 20 000 Menschen, die im Reiherstiegviertel leben, ist der Assmannkanal das Freizeit- und Erholungsareal der kurzen Wege und ihre wichtigste grüne Lunge.
Hier werden die Wohngebiete gegen die Wilhelmsburger Reichsstraße und die dahinter liegenden Industriegebiete abgeschottet. In den Gärten gibt es Nachbarschaft und Kommunikation. Hier können auch Menschen oder Familien mit geringem Einkommen einen Garten pachten und sich „ihren Gartentraum“ erfüllen.“
Der Kampf um die Flächen in Wilhelmsburg geht in die nächste Runde.