Der Gesundheitsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft hatte eine öffentliche Anhörung zur Zukunft des Wilhelmsburger Krankenhauses Groß-Sand beschlossen.
Über 100 Menschen überwiegend aus Wilhelmsburg füllten am 21.7.2025 den großen Festsaal des Hamburger Rathauses. Es gab fast 30 Redebeiträge aus dem Stadtteil und von Kolleginnen und Kollegen aus dem Krankenhaus.
Gesundheitsausschuss der Bürgerschaft – Anhörung zum Krankenhaus Groß-Sand im Großen Festsaal des Hamburger Rathauses. Nach 4 Stunden Sitzungsdauer harrten nur noch wenige Besucher aus.
Nach zwei einhalb Stunden müssen den Abgeordneten im Gesundheitsausschuss die Ohren geklingelt haben. Mit großer Sach- und Detailkenntnis wurde dargelegt , warum für die Elbinsel Wilhelmsburg eine Notfallversorgung mit Basischirugie und Intensivstation unverzichtbar ist. Nach dem Versagen des Erzbistums ist jetzt der Hamburger Senat in der Verantwortung, die Notfallversorgung für Bevölkerung und Beschäftigte auf der Elbinsel sicher zu stellen: Sowohl mit einem langfristigen qualitativen Konzept als auch mit einer sofort wirksamen Übergangslösung.
Besonders in den Beiträgen mehrerer Beschäftigter aus Groß-Sand wurde eindringlich geschildert, welche teils dramatische Auswirkungen seit der Schließung der Notaufnahme schon jetzt zu beochachten sind.
Die Antwort von Senatorin Melanie Schlotzhauer
In ihrer ausführlichen Antwort äußerte die Senatorin Verständnis für die Betroffenheit und die Befürchtungen, die in den Beiträgen zum Ausdruck gekommen seien. Sie wiederholte ihre Einschätzung, dass trotz der Schließung von Notaufnahme und Chirurgie auf der Elbinsel keine dramatische Versorgungslücke entstünde, weil nördlich und südlich der Elbe ausreichende Versorgungskapazitäten verfügbar und auch erreichbar seien.
Langfristig sollten mit einer „Stadtteilklinik“ am bisherigen Standort verbesserte medizinische Angebote für Wilhelmsburg realisiert werden. Für ein klassisches Krankenhaus der Grund-Regel und Notfallversorgung im bisherigen Sinne sei hier kein Platz mehr.
Dagegen bietet die neue Krankenhausgesetz neue innovative Möglichkeiten. Ein genaues Konzept läge allerdings bisher nicht vor. Voraussetzung sei der Erwerb der Liegenschaft durch die Stadt. Für die Verhandlungen mit dem Erzbistum sieht sie gute Chancen. Danach folgen Konzeptentwicklung und Ausschreibung für eine neue Trägerschaft. Schon jetzt gäbe es zahlreiche Interessenten, sowohl aus dem privaten als auch aus dem frei – gemeinnützigen Spektrum.
Einen Ausschluß von vor allem Gewinn orientierter Investoren lehnte die Senatorin ab.
Die Debatte im Gesundheitsausschuss
CDU und LINKE erläuterten ihre Anträge als Alternative zum vorliegenden Antrag der Koalition. Die CDU befürwortet die Grundidee einer „Stadtteilklinik“ fordert aber für die Notfallversorgung eine belastbare „Übergangslösung“. Die LINKE will Chirurgie und Notfallambulanz in Wilhelmsburg erhalten und fordert dafür eine öffentliche Trägerschaft.
Gudrun Schittek, GRÜNE, schlug als Sofortmaßnahme eine Sonderzulassung für eine niedergelassenen Chirurgen in Wilhelmsburg durch die KV vor, der auch die Berechtigung für das sog. D-Arzt-Verfahren hat, also auch Schul- und Arbeitunfälle behandeln kann.
Dietrich Wersich, CDU, fühlt sich in der Debatte um die Schließung des Hafenkrankenhauses 1996 erinnert. Auch damals gab es eine jahrelange Hängepartie und das in dem Gebäudekomplex später eingerichtige „Gesundheitszentrum“ hätte mit seinem Leistungsspektrum einige Erwartungen enttäuscht.
Den Optimismus zum problemlosen Erwerb der Liegenschaft Groß-Sand teilte Wersich nicht. Man habe dem Erzbistum vorauseilend grünes Licht für die Verlagerung von Geriatrie und Neurologischer Frühreha ins Marienkrankenhaus gegeben statt dafür den Verkauf der Liegenschaft an die Stadt zur Voraussetzung zu machen.
Das Abstimmungsverfahren verwundert
Zu fortgeschrittener Stunde kam es abschließend zur Abstimmung über die vorliegenden Anträge. Vorher war ein Antrag gescheitert, zunächst die Anhörung einer eingehenderen Auswertung zu unterziehen und erst beim nächsten Ausschuss zur Abstimmung zu kommen.
Erwartungsgemäß wurden die Anträge von CDU und LINKE von der Koalitionsmehrheit abgelehnt.
Im Publikum war dann die finale Abstimmung auch des Antrages von SPD und GRÜNE erwartet worden. Stattdessen wurde die Sitzung geschlossen.
Hintergrund: Zum Antrag der Koalition lag bereits ein positiver Beschluss von der letzten Bürgerschaft vor. Die Überweisung des Themas an den Ausschuss war nur zur ergänzenden Beratung der Anträge der Opposition erfolgt.
Diese Voraussetzung konnte der vorliegenden Tagesordung des heutigen Gesundheitsausschusses jedenfalls nicht entnommen werden. Waren dort doch alle 3 vorliegenden Anträge gleichwertig aufgelistet.
Dieses Procedere löste einige Verwunderung aus. Zumindest bei den Teilnehmern der Anhörung, die davon ausgegangen waren, mit ihren Redebeiträgen noch substantiellen Einfluß auf das weitere Prozedere für die Zukunft von Groß-Sand ausüben zu können.
„Wilhelmsburger fordern Erhalt der Notaufnahme“, NDR 22.7.25.:
2025-07-22 Krankenhaus Groß Sand Wilhelmsburger fordern Erhalt der Notaufnahme.ndr
„Krankenhaus Groß-Sand schließt. Debatte über Notfälle“, Hamburger Abendblatt 23.7.25.:
2025-07-23_Hamburger_Abendblatt_Debatte über Notfälle
Schließung der Klinik Groß-Sand ist Thema in der Hamburgischen Bürgerschaft, SAT1 am 21.7.25.
Ein Wortprotokoll der Anhörung, der Antwort der Senatorin und der Debatte im Gesundheitsausschuss soll zeitnah verfügbar sein.
Hier vorab einige schriftlich vorliegende Redebeiträge:
25-07-21-Beitrag Hartmut Sauer_Anhörung Gesundheitsausschuss-Hamburgische Bürgerschaft zu Groß-Sand
25-07-21-Beitrag Claudia Roszak_Anhörung Gesundheitsausschuss-Hamburgische Bürgerschaft zu Groß-Sand
25-07-21-Beitrag Manuel Humburg_Anhörung Gesundheitsausschuss HH-Bürgerschaft zu Groß-Sand