Gute Perspektiven für Wohnen und mehr auf den Elbinseln

12 Kernforderungen zur zügigen Umsetzung

Erarbeitet von der Themengruppe „Wohnen und mehr…“ im Rahmen von „Perspektiven! Miteinander Planen für die Elbinseln“

  1. Sanierungen im Bestand:
    Zur Verbesserung der Wohnqualität in Wilhelmsburg brauchen wir vorrangig weitere Sanierungen im Bestand hier sehen wir besondere Dringlichkeit im Korallusviertel (GAGFAH), in der Harburger Chaussee (Norderelbe GmbH), der Zeidlerstraße (SAGA GWG) und am Ernst August Deich. Auch im weiteren Altbestand außerhalb der jetzigen Sanierungsgebiete S5 und S6 darf es keinen Sanierungsstau geben. Nach einer Bestandsanalyse sollen jährlich mindestens 100 Wohnungen der städtischen Wohnungsbaugesellschaft SAGA GWG saniert werden.
  2. Soziale Erhaltungsverordnung:
    Angesichts des anhaltenden Aufwertungsdruckes, vor allem im Reiherstiegviertel, erwarten wir dort unverzüglich die Anwendung der Bestimmungen einer Sozialen Erhaltungsverordnung, um Umwandlungen im Wohnbestand, Abwanderungen und Verdrängung entgegenzuwirken. Diese Maßnahme muss noch vor Ablauf des derzeitigen Sanierungsverfahrens (2015) eingeführt werden.
    Auch die neuesten Daten der Ohmoor- Studie zu den Angebotsmieten in Wilhelmsburg Februar/März 2014 sind alarmierend (Steigerung von 7,50 Euro in 2011 auf derzeit 10,00 Euro!); dafür werden in der Studie vor allem auch die Sondereffekte durch die IBA verantwortlich gemacht. Dazu kommt der drohende Verlust eines großen Teils der noch vorhandenen Sozialwohnungen in den nächsten Jahren.
  3. Dringlichste Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes:
    Entlastung der Wohngebiete von LKW und Durchgangsverkehr durch ein Verkehrslenkungskonzept, sowie Lärmschutzmaßnahmen an Bahn und A1.
    An der jetzigen Trasse der Wilhelmsburger Reichsstraße müssen die für die Gäste der Gartenschau ergriffenen Einrichtungen und Maßnahmen auch den Bewohner*innen dauerhaft zu gute kommen: Das gilt für die barrierefreie Brücke; das gilt ebenso für die Lärmschutzwände, für Tempo 50 und den lärmmindernden Asphalt. Für den Fall, dass die Wilhelmsburger Reichsstraße verlegt wird, darf es – entsprechend dem im Bezirk Mitte erarbeiteten Kompromissvorschlag – keine Verbreiterung auf Autobahnniveau geben.
    Verlagerung der Nordischen Oelwerke bis 2018 – Was in der Hafencity mit einer dortigen Kaffeerösterei möglich war, muss auch in Wilhelmsburg zum Schutz der hiesigen Wohnbevölkerung durchsetzbar sein!
  4. Wohnungsneubau:
    Angesichts der überdurchschnittlich wachsenden Bevölkerung auf den Elbinseln sind erhebliche Anstrengungen auch im Wohnungsneubau unabdingbar. Wir halten dabei die Einhaltung folgender Mindeststandards für unabdingbar:
    Die Zahl der Wohnungen mit Mietpreisbindung darf in Wilhelmsburg nicht unter die Grenze der derzeit vorhandenen 6463 fallen. Deshalb muss es für die bis zum Jahr 2018  aus der Sozialbindung fallenden 4128 Wohneinheiten eine Verlängerung der Sozialbindung geben.
    Darüber hinaus brauchen wir eine Quotierung für Wohnungsnotfälle in allen neuen Wohnprojekten von mindestens 10 %.
    Auch Wanderarbeiter und Flüchtlinge haben Anspruch auf menschenwürdige Wohnverhältnisse
    und müssen als Wohnungsnotfälle behandelt werden. Unterbringung in Containern zählen wir nicht dazu.
  5. Einrichtung einer Agentur für Inklusives Wohnen auf den Elbinseln:
    Diese Agentur soll Schnittstelle  für Alles rund um das Thema Wohnen sein:  Wohnungs-Tauschbörse, Mitwohnzentrale/ Förderung von Wohnprojekten, migrantischer und interkultureller Baugemeinschaften/Förderung von Mieter-Selbstorganisation//Maßnahmen gegen Diskriminierung bestimmter Bevölkerungsgruppen auf dem Wohnungsmarkt//Transparente Wohnungsvergabe// Unterstützung bei Wohnungsnotfällen// Mitwirkung an den laufenden Bedarfsanalysen// Unterstützung bei der Verbesserung von Wohnumfeld und Infrastruktur auf den Elbinseln …
  6. Erhalt und weiterer Ausbau von Grün- und Erholungsflächen:
    Die erheblichen Belastungen der Wohngebiete durch Lärm, Verkehr, Luftschadstoffe  – die baldige Inbetriebnahme von Deutschlands größtem Kohlekraftwerk in Moorburg wird zu einer dramatischen Zunahme vor allem der örtlichen Feinstaubbelastung führen – erfordern den Erhalt und den weiteren Ausbau von Grün- und Erholungsflächen auf den Elbinseln. Dazu gehören aktuell:
    Die Verteidigung der grünen Lunge am Assmannkanal ist unabdingbar wegen ihrer zentralen Bedeutung für die Naherholung und das Kleinklima im Reiherstiegviertel.
    Eine Mitte für Alle – Umsetzung des Versprechens für eine uneingeschränkte öffentliche Zugänglichkeit des Wilhelmsburger Inselparks. Öffentliche Räume vertragen keine Zäune!
  7. Keine Tabus für Flächenkonversion:
    Wie in der Hafencity und im Harburger Binnenhafen erwarten wir auch beim Sprung über die Elbe einen neuen strategischen Ausgleich zugunsten der Stadtentwicklung. Dementsprechend darf es auch auf den Elbinseln keine Tabus für mögliche Flächenkonversion von Industrie- und Hafenflächen geben. Sowohl im Westen als auch im Süden Wilhelmsburgs müssen die derzeitigen starren Fronten zwischen Hafen und Stadt überwunden werden. In Anlehnung an die positiven Erfahrungen mit der Stadtteilwerkstatt für Georgswerder schlagen wir – noch in dieser Legislaturperiode – partizipative Planungsprozesse für diese Teilräume im Westen und Süden der Insel vor.
  8. Stärkung der Veddel als qualitätsvollem Ort zum Wohnen
    durch unverzüglichen Bau von Lärmschutzwänden an der Bahn, eine städtebauliche Entwicklung im Norden der Veddel bis zum Elbufer mit Schaffung von bedarfsgerechtem Wohnraum sowie einer Stärkung von Nahversorgung, medizinischer und sozialer Infrastruktur.
  9. Wichtige Rahmenbedingungen für gutes Wohnen:
    Die Bildungsoffensive Elbinseln muss durch Bereitstellung ausreichender personeller und finanzieller Ressourcen langfristig gesichert werden.
    Fahrradstadt Wilhelmsburg – Zügige Umsetzung der lange angekündigten Maßnahmen zur Weiter-Entwicklung der Elbinseln zu einem Modellstadtteil für Radverkehr im Alltag und für Freizeitnutzungen (Förderung nichtfossiler Mobilität).
    Die neue Fähre 73 muss durch bessere Taktung (auch an den Wochenenden) und Abstimmung an die Busfrequenzen langfristig gesichert werden.
    Erhalt, Ausbau und Qualifizierung der Sportstätten und ihrer wohnortnahen Erreichbarkeit.  Sport hat eine Schlüsselrolle für die inklusive Stadtentwicklung, besonders in unseren Stadtteilen mit ihren sozialen und integrativen Herausforderungen.
    Moschee: Wir unterstützen die Initiativen für den Bau einer attraktiven Moschee in der Wilhelmsburger Mitte. In einer demokratischen Gesellschaft sind alle Glaubensgemeinschaften in der Ausübung ihrer Religion frei und gleichberechtigt. Der großen Gruppe der Muslime auf den Elbinseln fehlt bisher ein würdevolles Gebetshaus.
  10. Hamburg verzichtet auf die Anmeldung der sog. Hafenquerspange
    als Verlängerung der A26 über Moorburg bis an die Anschlussstelle Stillhorn für den Bundesverkehrswegeplan – im Sinne der Forderung der IBA Hamburg vom 9.8.2012: „Es ist verkehrsplanerisch anerkannte Praxis, überregionalen Autobahnverkehr nicht durch Stadtgebiete, sondern um diese herum zu führen.“
  11. Ressourcen-schonende Aspekte, experimenteller Wohnungsbau, Architektur und Ästhetik
    Auf dem Weg zu einem „Erneuerbaren Wilhelmsburg“ müssen der Ausbau regenerativer Energien weiter gefördert werden, energetische Optimierungen veranlasst werden und umweltfreundliche Baumaterialien zum Einsatz kommen. Es gilt, die Elbinseln weiterhin auch als Ort für Experimente zu verstehen und zu fördern. Einige Beispiele: Ein ökologischer Bauwagenplatz, teilmobile Modulhäuser zum Wohnen und Arbeiten, Mehrgenerationenhäuser, autofreies Wohnen, Geschosswohnungsbau mit (teil-) öffentlichen Gründächern, Strohballenhäuser im Wilhelmsburger Osten, Nachverdichtungen in den Kirchdorfer Eigenheimsiedlungen, Amphibisches Bauen an Deichen, …
  12. Stadtentwicklung inklusiv statt exklusiv
    Wir lehnen die bisher als „Zukunftsbild Elbinseln 2013 +“ bekannt gewordenen Pläne der BSU  ab, weil es die Elbinseln auf ihre Dienstbarkeit für Hamburg im Sinne von Potentialflächen für die Interessen von Investoren der Immobilienwirtschaft verengt. Wir fordern dagegen ein integriertes, sozialräumliches und sozialpolitisches Gesamtkonzept mit einem inklusiven Ansatz: Wohnen und Arbeiten, lokale Ökonomie, Qualifizierung und Beschäftigung zukünftig gemeinsam denken. Verkehrsplanung als integrierten Bestandteil der Stadtentwicklung betreiben. Nahversorgung, Bildung und soziale Infrastruktur sind integrale Bestandteile. Mitreden, Planen und Mitentscheiden auf allen Ebenen und unter Einschluss aller Milieus. Stadtentwicklung inklusiv statt exklusiv!

Der komplette Bericht der Themengruppe als pdf: Wohnperspektiven für die Menschen auf den Elbinseln

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