Gesundheitssenatorin Melanie Schlotzhauer hatte am 24.6.25. in Wilhelmsburg einen schweren Stand. Die von ihr in Aussicht gestellte „Stadtteilklinik“ wird das Problem der Notfallversorgung auf der Elbinsel nicht lösen.
Der kleine Saal der AWO in der Rotenhäuser Wettern platzte aus allen Nähten. Auch nach Umräumarbeiten standen noch Leute vor der Tür. Geladen hatten die beiden Wilhelmsburger Bürgerschaftsabgeordneten Michael Weinreich und Ali Kazanci, um mit Senatorin Schlotzhauer über Perspektiven für das Krankenhaus Groß-Sand zu diskutieren.
Zur Verstärkung hatte die Senatorin ihren Staatsrat Tim Angerer dabei. Sie skizzierte die von ihrer Behörde angedachte „Stadtteilklinik in einem Staatstaat“ als Nachfolgemodell für Groß-Sand. Das kann allerdings dauern. Zunächst mal will das Katholische Erzbistum Hamburg als Träger des Hauses am 15.7.2025 Chirurgie und Notaufnahme schließen, irgendwann in 2026 sollen die geriatrische Abteilung und die Abteilung für neurologische Frührehabilation ins Marienkrankenhaus verlagert werden. Erst danach kann die Stadt die Liegenschaft übernehmen und einen neuen Träger für die angedachte „Stadtteilklinik“ ausschreiben. Im ersten Schritt wird sich jetzt am 1. Juli der Gesundheitsausschluss der Bürgerschaft mit dem Thema befassen. Grundlage sind unterschiedliche Anträge der Parteien aus Koalition und Opposition. Auch irgendeine Form von Bürgerbeiteiligung aus Wilhelmsburg wurde von der Senatorin zugesichert.
Klar ist: bis zur „Stadtteilklinik“ werden nicht Monate sondern Jahre vergehen. Ab dem 15.7. aber, das ist in nicht mal 3 Wochen, gibt es in Wilhelmsburg keine Chirurgie und keine Notfallbehandlungen mehr. Da es auch keinen niedergelassenen Chirurgen mehr im Stadtteil gibt und damit auch kein Notfallröntgen, entsteht ein gefährliches Vakuum, eine Leben gefährdende Versorgungslücke.
Für dieses Problem hatte die Senatorin keine Lösung parat. Das sei nicht in der Verantwortung ihrer Behörde. Die Schuld läge beim Erzbistum, das alle Unterstützungsangebote in den letzten Jahren ausgeschlagen habe. Und für den verlorenen chirurgischen Kassenarztsitz sei die Kassenärztliche Vereinigung verantwortlich.
Nach der Senatorin hatte Hans Martin Wismar das Wort. Er ist seit 2013 Arzt in der Notaufnahme im Krankenhaus Groß-Sand. Anschaulich beschrieb er Leistungsfähigkeit und Unverzichtbarkeit der Zentralen Notaufnahme und der Notfallchirurgie in Groß-Sand und warnte eindringlich vor der drohenden Versorgungslücke für die örtliche Bevölkerung und die zahlreichen umliegenden Betriebe.
Von einer Kollegin aus dem Krankenhaus wurden der Senatorin die über 11 000 Unterschriften überreicht, die in den letzten 3 Wochen unter die Petition „Gegen die Schließung der Notaufnahme und der Chirurgie Groß-Sand in Hamburg“ gesammelt wurden
Auch zahlreiche Wortmeldungen aus dem Publikum konnten die Senatorin nicht umstimmen. Die durch das Erzbistum entstandene Lage sei zwar sehr bedauerlich, eine dramatische Versorgungslücke könne sie aber nicht erkennen, da nördlich und südlich der Elbe ausreichende Kapazitäten im Notfall zur Verfügung stünden.
Großen Beifall erhielt die Hausärztin Devrim Thormählen. Sie beschrieb die jetzt schon präkäre Versorgungssituation auf der Elbinsel aus Sicht der Wilhelmsburger Ärzteschaft und forderte die Übernahme von Chirurgie und Notaufnahme in städtische Trägerschaft. Die Stadt habe die gesetzliche Pflicht zur umfassenden Sicherung der Notfallversorgung in allen ihren Stadtteilen.
Die Standpunkte erschienen bis zuletzt unüberbrückbar. Bleibt die Hoffnung, dass der denkwürdige Abend des 24.6.25. in der AWO Wilhelmsburg doch noch zu einem Umdenken bei den Verantwortlichen führt?
Bericht im HH-Journal vom 25.6.2025:
https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/hamburg_journal/protest-gegen-klinik-schliessung-in-wilhelmsburg-waechst,hamj-460.html
Wütender Protest – Wilhelmsburg mindestens ein Jahr ohne Krankenhaus, Hamburger Abendblatt – 27.6.2025:
25-06-27_Wütender Protest – Wilhelmsburg mindestens ein Jahr ohne Krankenhaus-HA
Klinikschließung in Wilhelmsburg: Wird ein Stadtteil abgehängt? NDR 90,3 am 27.6.25.:
https://www.ndr.de/903/podcasts/klinikschliessung-in-wilhelmsburg-wird-ein-stadtteil-abgehaengt,audio-225516.html
Klinik-Zoff sorgt für Wut und Empörung: Senatorin lässt Hamburger im Regen stehen – MOPO vom 25.6.25.:
25-06-25-MOPO
„Es muss eine Zwischenlösung geben“ – Hamburger Abendblatt 26.6.2025:
25-06-26_Es muss eine Zwischenlösung geben
„Hier werden Leute sterben“
Wilhelmsburger Insel Rundblick vom 27.6.2025
Hitzige Diskussion zur Krankenhausschließung – Neuer Ruf vom 28.6.2025:
250626_NeuerRuf_Seite3
„Notfallambulanz Groß-Sand muss bleiben“ – Wilhelmsburger CDU kritisiert Schließung – Neuer Ruf vom 28.6.2025:
250626_Neuer Ruf_Seite1
Bericht vom Gesundheitsausschuss der Bürgerschaft:
„Krankenhaus Groß-Sand: Neue Details zu Umständen der
Schließung“ – Hamburger Abendblatt online 2.7.2025:
26-07-02_KH GS-Neue Details zu Umständen der Schließung
Millionenspritze für Modernisierung der Notaufnahme – leider nicht in Hamburg:
25-06-25-Millionen für Krankenhäuser im Landkreis Harburg-HA
Schuldzuweisungen an das Bistum, wie die Senatorin sie gestern erneut vortrug, bringen uns null weiter. Sie bestritt die Notwendigkeit einer Notaufnahme, und damit verbunden, einer Chirurgie auf Wilhelmsburg. Dazu hatten alle übrigen Anwesenden gestern eine ganz andere Auffassung. Ich meine, der Senat darf sich nicht aus seiner Verantwortung stehlen. Er muss! kurzfristig eine Übergangslösung zur Versorgung der Bevölkerung organisieren. Wie auch immer! Auf der Veranstaltung wurden Ideen genannt. Später kann dann darüber nachgedacht werden, wie eine angemessene Lösung für unsere Insel künftig aussehen kann. Eine monate-, wahrscheinlich eher jahrelange Hängepartie in Groß-Sand ist nicht akzeptabel.
P.S.: die politisch Verantwortlichen sollten sich nicht der Illusion hingeben, dass der Konflikt mit der gestrigen Veranstaltung ausgestanden wäre. Wir sind Insulaner. Keine Lämmer. Peinlich genug, dass die Stadtregierung das immer noch nicht beherzigt. Nach so vielen Vorerfahrungen.
Wer wählt denn in Hamburg immer wieder rot-grün??? Wieso fallen die Menschen auf die vielen Wahlplakate rein, die die Bürger belästigen. Man tut soooo engagiert und lädt dauernd zu irgendwelchen Info-Abenden ein, speziell vor den Wahlen, heraus kommt jedoch nichts, was den Leuten wirklich nützt.
Genau, es geht doch nicht um Schuldzuweisung und auch nicht ums Drumrum- oder Rausreden.
Es geht um Menschenleben, Notfall- und Gesundheitsversorgung auf Wilhelmsburg. Vielfältig vorgetragen von geballter zivilgesellschaftlicher Kompetenz der Wilhelmsbüger*innen.
Aus alltäglichem Erfahrungswissen wurde fundiert geschildert , wie wichtig Notaufnahme + Notfallchirurgie für die wachsende Bewohner*innenschaft, aber auch für die Arbeitenden im Hafen, wie die Besucher*innen von Veranstaltungen und Festivals auf der Elbinsel sind.
Aber auch wie defizitär die Lage der Gesundheitsversorgung, jetzt schon sich gestaltet, mithin Transportproblemen über die Brücken, dem ebenfalls defizitären ÖPNV. Das Engagement und der herzliche Humanismus, der Groß Sand Mitarbeitenden spricht für sich.
Natürlich und bitte gerne die Wilhelmsburger*innen mit ihrem Expert*innenwissen beteiligen, an einer zukunftsfähigen Weiterentwicklung der Gesundheitsversorgung die den Menschen auf Wilhelmsburg gerecht wird.
Einstweilen und in Zukunft:
Notaufnahme + Chirurgie müssen erhalten werden.
olle Kamelle: Wo ein Wille ist ist ein Weg
Das die Stadt Hamburg das Krankenhaus übernimmt und für einen großen Teil seiner Bürger etwas positives macht, kann doch keiner ernsthaft glauben.
Das Geld für solche Sonderwünsche der Bürger ist einfach nicht da.
Wichtiger ist da doch das neue Wahrzeichen an den Elbbrücken zu finanzieren.
Diese Bauruine macht einfach keinen guten Eindruck.
Die neue Olympia Arena und Sportunterkünfte mit dem Hyperloop nach Kiel sind da schon Medienwirksamer.
Und wenn man sich vorstellt, dass die einzige Flutsichere Verbindung (Reichsstraße) abgetragen wurde, sollte jedem klar sein das die Bürger hier nicht so wichtig sind.
Seit IGS und IBA wissen die „alten“ Insulaner doch:
Sprung ÜBER die Elbe – Von einem Zentralpunk der Elbinsel war nie die Rede.