DEGES und Behörde haben mit der Auslegung der Planunterlagen für den Wilhelmsburger Abschnitt der A26-Ost/Hafenquerspange begonnen. Damit beginnt jetzt auch die Planfeststellung des letzten Abschnittes der jetzt „Hafenpassage“ genannten Stadtautobahn durch den Hamburger Süden. Die Unterlagen können hier abgerufen werden.
„Muss alles weg“: Die Häuser in der großen Kurve am Katenweg und einige mehr
Besondere Brisanz haben die Planungen für die Bewohner*innen der Siedlung am Katenweg, südlich der Straße Kornweide: Entgegen früheren Versprechen ist jetzt der Abriss von mindestens 10 Wohnhäusern und etlichen Nebengebäuden geplant. Zwar wird damit geworben, dass hier eine Autobahn entstehen soll, „die niemand sieht“, weil ein Tunnel entstehen soll. Dabei wird aber unterschlagen, dass eine offene Bauweise vorgesehen ist mit einem Trog, der von 30 Meter tiefen Spundwänden gesichert werden muss und am Ende gedeckelt wird. Die Spundwände müssen mit horizontalen Ankern stabilisiert werden, von denen zusätzlich anliegende Häuser betroffen sein werden.
Der Katenweg in den Planungsunterlagen der DEGES: links der Bahndamm, Die „Hafenpassage“ soll von West nach Ost den Katenweg queren. Der beschreibt an dieser Stelle einen großen Bogen. Die gelb markierten Wohnhäuser und Nebengebäude sollen abgerissen werden.
Und wo bleiben wir?
Ein Kommentar von Hildegard Wiencken, Anwohnerin im Katenweg
Jetzt reicht es mir aber endgültig und ich muss nun zum Schreiber greifen. In den vielen meist sehr guten Berichten und Kommentaren über den Unsinn, in der heutigen Zeit noch eine A26 mit den gravierenden Folgen für Natur und Umwelt und Menschen zu bauen, fehlt jedesmal auch nur eine einzige Zeile über den Katenweg mit seinen Siedlungsdoppelhaushälften, Baujahr 1954.
Betroffen sind 10-12 Häuser auf der uns gegenüberliegenden Straßenseite.
Zuerst hieß es: kein Haus muss weg. Dann kam nur der hintere Teil mit Garage in Frage, nun sollen alle Häuser abgerissen werden. Der Grund ist eine ca. 30 Meter tiefe Röhre für die Autobahn mit gerammten Spundwänden rechts und links. Da haben die Planer wohl Angst, dass die Häuser die auf dem weichen Untergrund hier stehen, es wohl nicht überleben. Wir mit unserem Haus auch nicht! Nach einer Probebohrung haben wir nicht schlecht geguckt als wir nach Hause kamen. Da waren mehrere Bilder von der Wand geflogen. Bei einem Dreiecksschrank stand die Tür offen, das Bord mit Büchern und Kochrezeptheften lag in der Stube verteilt.
Ein Schadenssachbearbeiter hat den Istzustand unserer Häuser begutachtet. Er entdeckte einige völlig neue Risse an den Außen- und Innenwänden. Und wir wohnen gerade 20 Meter entfernt auf dieser Straßenseite mit unseren anderen Nachbarn. Ich kann mir auch absolut nicht vorstellen, wie man das Geramme im Kopf aushalten kann, wenn es schon auf der anderen Seite des Bahndamms am Kornweideknoten so laut war, dass ich nur abends im Garten gesessen habe.
Und dann wird hier eine über viele Jahrzehnte andauernde gute Nachbarschaft zerstört, wo es immer Zeit für einen Klönschnack gibt und jeder jedem hilft, der Hilfe braucht, auch die schönen Grill- und Gartenfeste sind nicht zu vergessen.
Nun kann man nur noch hoffen, das uns dieses Damoklesschwert nicht auf den Kopf fällt und die Politiker, die sich ja oft nur profilieren wollen, weil nur für vier Jahre gewählt, und die Hafenbosse es schaffen, einen Blick in die internationale Zukunft und nach Osten zu werfen. Da sind die Chinesen dabei, ganze Städte und Ländereien aufzukaufen für die Bahntrasse ihrer neuen Seidenstraße, die in Piräus endet. Dort landen die Großcontainerschiffe. Weiter geht es dann mit Feederschiffen nach Norden. Die südeuropäischen Länder bauen neue Bahnverbindungen schon aus.
Jetzt bitten wir alle zuständigen Verantwortlichen dringlich, diesen Wahnsinn an Menschen, Umwelt und Finanzen möglichst schnell zu beenden, damit wir wieder ruhig schlafen können, auch die Menschen in Moorburg, wo ein ganzes Dorf plattgemacht werden soll.
„Niemand hat die Absicht irgendwelche Häuser für die A26-Ost abzureissen“
Bei der Linienbestimmung 2010/11 hat die DEGES immer wieder betont, dass die Siedlung Katenweg und andere Wohnhäuser in keiner Weise betroffen sein würden. Man würde die Autobahn hinter der Bahn in einem Tunnel unterhalb der Kornweide realisieren. Nur so gab es auch eine Zustimmung von Behörde und Bürgerschaft. Dagegen hatten Zukunft Elbinsel und Anwohner frühzeitig auf die besonderen Boden- und Wasserverhältnisse hingewiesen („organogene Weichschichten“ = moorige und torfige Bodenschichten), wodurch der Bahndamm destabilisiert werden könnte.
2017 haben DEGES und Verkehrsbehörde dann eine Planung 200 Meter weiter südlich durch den Katenweg vorgestellt. Erneut wurde zugesichert, dass auch dort keine Wohngebäude abgerissen werden müssten.
2021, im jetzigen Planfeststellungsentwurf (29.3.2021), ist der Abriss von 10 bis 12 Wohngebäuden neben der Trasse (wg. Einsturzgefahr durch den Tunneltrog) vorgesehen.
Die Visualisierung zeigt die DEGES-Pläne von 2017 – mit einer Streckenführung zwischen den Häusern am Katenweg ohne deren Abriss und mit dem jetzigen Abrissprogramm in der Planfeststellung.
In einer Zusammenstellung hat Michael Rothschuh den gesamten – veränderten – Planungsverlauf dokumentiert:
Abriss_Häuser am Katenweg_entgegen_Linienbestimmung_2010 und_entgegen Versprechen_2017
Werden sich die GRÜNEN für ein AUTOBAHN-MORATORIUM einsetzen?
Eine kritische Haltung zu neuen Autobahnprojekten gehört ja eigentlich zur DNA der Grünen Partei. „Reparatur statt Ausbau“ ist ihr Programm hinsichtlich der Verkehrsinfrastruktur.
Die Klimaschutzbewegung und die Proteste gegen laufende Projekte, wie der A49 in Hessen und den „Dinosaurier des Jahres 2020“, die A26-Ost in Hamburg, fordern die Grünen auf, hier den grünen Versprechungen auch Taten folgen zu lassen. Die anstehende Überprüfung des Bundesverkehrswegeplanes gibt dazu Gelegenheit. Die Forderung nach einem Moratorium für neue Autobahnprojekte könnte Teil der Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl sein.
Wie in Hessen schleppen sich die Regierung-beteiligten Hamburger Grünen mit einem Glaubwürdigkeitsproblem herum. War es doch die grüne Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk, die die Südtrasse für die Hafenquerspange mit der Linienbestimmung auf den Weg gebracht hat. Neben dem „Anschlussverbot an die Wilhelmsburger Reichsstraße Richtung Norden“ bürgte sie damals mit dem Versprechen der Raumverträglichkeit der Trasse und einem Bestandschutz für bestehende Siedlungsstrukturen.
Jetzt wird deutlich, dass Senatorin Hajduk, wie auch die gesamte Bürgerschaft, damals einer Fehleinschätzung bzw Fehlinformation durch die DEGES aufgesessen war: Diese hatte eine Linie unter der Kornweide projektiert, also in einem „zweiten Untergeschoss“ unterhalb des Bahndammes. Bei einer öffentlichen Vorstellung der Pläne wurde die DEGES von Anwohnern auf den besonderen Baugrund und die sensible Statik des Bahnkörpers in diesem Bereich hingewiesen. Gleichwohl sah die DEGES keine Veranlassung, ihre Pläne kritisch zu hinterfragen und versicherte der Behörde und dem Parlament, dass eine Realisierung in stadtverträglicher Weise – ohne den Verlust an Bausubstanz – technisch kein Problem darstellen würde.
Es ist mehr als fraglich, ob Senatorin Hajduk und die Hamburger Grünen der Linienbestimmung unter diesen Bedingungen zugestimmt hätten.
Bericht im Elbe-Wochenblatt vom 1.5.2021:
Wenn ich jetzt mit dem Fahrrad durch die beschauliche Siedlung am Katenweg in Wilhelmsburg fahre, kann ich es gar nicht glauben: 10 Häuser sollen dem Bau einer Autobahn zum Opfer fallen, die keiner will!? Jahrelang hat man die Bewohner*innen der Siedlung an der Elbe in Finkenriek hingehalten. Ihre Häuser wären nicht gefährdet, man würde unterirdisch bauen. Menschen mit gesundem Menschenverstand, die die Beschaffenheit des Marschenbodens hier kennen, haben dieses Märchen nie geglaubt.Namhaften Politiker*innen, die sich selbst zu Botschafter*innen des neuen Autobahnprojektes machten, haben sie ihre Wählerstimme schon lange nicht mehr gegeben.Nicht einmal die Hafenwirtschaft kann überzeugend erklären, warum die A 26-Ost, die offiziell von der DEGES und Behördenseite „Hafenpassage“ genannt wird, gebraucht wird.Von den Folgen der neuen Autobahn für unser Klima in puncto Feinstaub und CO2- Ausstoß mal ganz zu schweigen.
Was viel mehr Anwohner dauerhaft betreffen wird ist die neue Anschlussstelle an der Otto-Brenner-Strasse. Offenes Ziel der neuen Autobahnverbindung ist Verkehr zu „bündeln“ und von der Harburger CHausse abzuziehen. Es wird hier also sehr viel mehr Verkehr geben. Was in der Berichterstattung gerne komplett unter den Tisch fällt sind die Abgase.
Die Tunnel sind dahingeghend konstruiert das der Fahrtwind die Abgase zum Tunnelende herausbläst. Der Tunnel sammelt defacto also alle Abgase der Tunnelstrecke und bläst sie gesammelt am Tunnelausgang heraus. Besonders schön fand ich die vage als „Entwicklungsflächen“ angedeutete mögliche Wohnbebauung am Deckel. Direkt am Auspuffrohr sozusagen, denn nichts anderes ist der Tunnel dann.