Die Stimmung in dem mit über 400 Menschen gefüllten großen Saal war eindeutig und die Botschaft dieses 1.Februar 2017 aus dem Bürgerhaus Wilhelmsburg an Bürgermeister Scholz kann nicht ignoriert werden:
Hamburg braucht keine neue Autobahn.
Wilhelmsburg sagt NEIN zur Hafenquerspange!
Wir wollen einen echten Dialog.
Für einen Zukunftsplan – für ein vernünftiges Mobilitätskonzept in dieser Stadt!
Gleich zum Auftakt hatten die im Bündnis Verkehrswende Hamburg zusammengeschlossenen Gruppierungen die Bühne geentert, um deutlich zu machen: Dies ist nicht nur eine Informationsveranstaltung der Behörde, dies ist in erster Linie ein Signal des Protestes aus dem Bürgerhaus Wilhelmsburg!
Was war passiert? Der Reihe nach:
Hamburgs Verkehrsstaatsrat Andreas Rieckhof hatte zum 1. Februar 2017 in den Großen Saal des Bürgerhaus es Wilhelmsburg geladen: „Kommen wir ins Gespräch“ über die geplante Autobahn A26-Ost durch Wilhelmsburg! So lautete die freundliche Einladung auf den Plakaten.
Vorgesehen war aber kein offenes Gespräch über das Für und Wider und ob es vielleicht auch was Besseres geben könnte. Rieckhof wollte an diesem Abend das längst entschiedene Projekt als alternativlos verkünden und eine Werbekampagne dazu starten. „Die Messe ist gesungen“ war schon vorab seine Botschaft in verschiedenen Zeitungsinterviews.
Wie schon in Harburg und in Moorburg hatte er dafür die Autobahn-Realisierungsgesellschaft DEGES GmbH an seiner Seite, die auch für das Marketing zuständig ist. Keine leichte Aufgabe angesichts des traditionellen Wilhelmsburger Widerstandes gegen die weitere Autobahnisierungs ihres Stadtteils. Die DEGES weiß: Akzeptanzbeschaffung ist in Wilhelmsburg eine besondere Herausforderung. Das braucht Zeit, das kostet. Zeit hat man noch genug: Das Planfeststellungsverfahren für den Wilhelmsburger Abschnitt soll ja erst im Sommer 2018 beginnen. Und das Geld? Bei einem Milliardenprojekt rechnet man mit Planungskosten von 20 Prozent – die übrigens aus dem Hamburger Haushalt bezahlt werden. Ein paar weitere Millionen für Werbung und Akzeptanzbeschaffung spielen da keine Rolle.
Aus diesem Werbeetat gehen die Aufträge der DEGES üblicherweise an klassische Werbefirmen. Beim Marketing für die Wilhelmsburger Reichsstraße bekam z.B. die PR-Agentur „public:news“ den Zuschlag. public:news „inszeniert Produktmarken„, wie auf deren Webseite zu lesen ist, wie z.B. Ritter-Sport Schokolade.
Für die Hafenquerspange ist der DEGES ein besonderer Coup gelungen: Sie hat einen lokalen Partner für ihre PR gewinnen können: Eine Agentur mit lokalem know how und mehrjähriger Erfahrung in „Bürgerbeteiligung“. Der Clou: Diese Agentur mit dem Namen „Perspektiven!“ hat seinen Sitz mitten im Stadteil und ist ein Projekt des Bürgerhauses Wilhelmsburg. Der bisherige Slogan „Perspektiven! – Miteinander Planen für die Elbinseln“ lässt sich unschwer als Kampagne „Perspektven! – Miteinander Planen für eine neue Autobahn“ entwickeln und mißbrauchen.
Von einem erfolgreichen Start in diese Werbekampagne konnte an diesem 1. Februar allerdings keine Rede sein. Es gab keinen einzigen Redebeitrag zu ihrer Unterstützung. Die Botschaft im Saal war eindeutig: Hier wird „Bürgerbeteiligung“ zur Farce, es handelt sich eher um eine Bürgerbeleidigung! Gefordert wurde stattdessen ein echter, ergebnisoffener Dialog mit den Verantwortlichen. Ein Dialog, ohne dass gleichzeitig Fakten geschaffen werden. Dafür muss das Planfeststellungsverfahren ausgesetzt werden, das bereits am 17.2. für den ersten Abschnitt der A26-Ost in Moorburg beginnen soll.
Für ein Autobahnprojekt wie dieses kann es keine gemeinsame Planung geben. Bürgerbeteiligung kann in diesem Fall nur ein Ziel haben: Ein zukunftsfähiges Mobilitätskonzept in dieser Stadt durchzusetzen und die anachronistische Hafenquerspange endlich zu den Akten zu legen.
Mit einem breiten Bündnis für eine Verkehrswende in ganz Hamburg kann der Senat auch in dieser Frage zur Vernunft gebracht werden. Hamburgs derzeitiger Bürgermeister hat viele Qualitäten. Vor allem aber ist er Realist und findet bei den großen Themen dieser Stadt immer wieder pragmatische Lösungen. Das war bei den Energienetzen so, wie bei Olympia, bei der Frage der Unterkünfte für Geflüchtete wie bei der Busbeschleunigung. Kaum vorstellbar, das Bürgermeister Scholz nicht auch den Verkehrsfrieden in Hamburg bald zur Chefsache machen wird.
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Foto: Olympia Sprenger
Zu Beginn entern die im Bündnis Verkehrswende Hamburg zusammengeschlossenen Gruppierungen das Podium und Diana Ennet erläutert, warum dieses hier KEINE GEMEINSAME VERANSTALTUNG ist.
KEINE gemeinsame Veranstaltung
Foto Olympia Sprenger
Der Staatsrat für Verkehr Andreas Rieckhof erläutert die Planungen zur A26-Ost
Foto Olympia Sprenger
Stephan Zins von der Initiative Stop A26 Moorburg erläutert, was wir statt einer neuen Autobahn wirklich brauchen.
17-02-01-Was wir wirklich brauchen_Zins-Redemanuskript
Foto: Olympia Sprenger
Barbara Siebenkotten von der Initiative Engagierte Wilhelmsburger erläutert, wie gute Bürgerbeteiligung laufen müsste.
17-02-01_Barbara Siebenkotten_wie müsste gute Bürgerbeteiligung laufen
Foto: Olympia Sprenger
Manuel Humburg vom Verein Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg stellt klar, dass dies für die große Mehrheit im Saal vor allem eine Protestversanstaltung und und richtet einen Appell der Versammlung an Bürgermeister Olaf Scholz.
17-02-01-Dies ist eine Protestveranstaltung
Foto: Olympia Sprenger
Bettina Kiehn erläutert für die Agentur „Perspektiven!“ das Konzept der „Bürgerbeteiligung“ im Auftrag der DEGES GmbH.
A26_Wieso machen wir das eigentlich_Bettina Kiehn_Perspektiven
Mehr dazu auf der Webseite: http://a26.perspektiven-elbinseln.de/
Foto: Olympia Sprenger
Alexander Porschke, Vorsitzender des NABU Hamburg nimmt mehrfach Stellung und fordert einen ernsthaften Dialog. „Sonst sehen wir uns vor Gericht!“
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Aus der Hamburger Presse:
Foto MOPO – Mathis Neuburger – Resortleiter Lokales
„Bürgerbeteiligung mögen Politiker nicht: Es kann nämlich passieren, dass sich die Bürger querstellen. Der rot-grüne Senat wendet deshalb immer öfter folgenden Trick an.
Er organisiert ein Beteiligungsverfahren, bei dem es nichts Relevantes mehr zu entscheiden gibt, weil das Wichtige bereits beschlossen wurde.
So auch bei der A26/Hafenquerspange. Die wurde von der SPD vor einigen Jahren noch für unsinnig erklärt, zudem zerschneidet sie künftige Wohngebiete und seltenen Naturraum. Darüber aber will der Senat nicht reden. Arroganter geht es nicht.“
– Quelle: http://www.mopo.de/25661886 ©2017
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Darijana Hahn in der TAZ vom 3.2.2017:
„Pseudobeteiligung bei Autobahnbau“ – MOPO 2.2.2017:
Hafenquerspange, Mopo 2.2.17
„Das Autobahn-Wirrwar der SPD“ – MOPO 1.2.2017:
MOPO 2017-02-02, Das Autobahn-Wirrwarr der SPD
Thomas Sulzyc im Harburg-Teil des Hamburger Abendblatt vom 3.2.2017:
Harburg-Stadt-03.02.2017
Hamburg-Journal am 1.2.2017 – am Morgen der Veranstaltung:
Mediathek
„Buhrufe, Applaus und Emotionen“ – Bericht in Neuer Ruf vom 4.2.2017: 17-02-04-NRW-Buhrufe-Applaus-Emotionen
„Gibts noch etwas mitzureden?“ – Elbe Wochenblatt 8.2.2017:
ElbeWochenblatt_A26-Ost_Gibt’s noch etwas mitzureden
„Scholz schenkt Hamburg eine Autobahn – keiner will sie“ –
Online-Zeitung „Die Freiheitsliebe“, 3.2.2017:
Die Freiheitsliebe zum 1.2. im BüWi
„Beteiligung oder Beleidigung“ – Der Song zur A26 in Hamburg
Text: von Lutz Cassel, Januar 2017 – Melodie: „Kein schöner Land…“
Seiner Zeit,bei den aufwendigen Informationsveranstaltungen zum Thema Verlegung der Wilhelmsburger Reichstraße wurden diese vom Senat auch Bürgerbeteiligungen genant.
Offensichtlich habe ich seit meiner Schulzeit etwas verpasst! Unter dem Begriff “ Beteiligung“ verstehe ich nach wie vor Anteilnahme,Diskussion und den Willen gemeinsam ein Ziel zu erreichen !
Der Senat der freien und Hansestadt Hamburg hat das Wort Information schlicht gegen Beteiligung gewechselt,weil es moderrater wirkt.
Die Veranstaltung vom 1.2.2017 war in dieser Richtung noch eine Steigerung! Nur noch abgenickt werden sollten,die von Behörde und Deges gedanklich entwickelte A26-Pläne! Um so den öffentlichen Eindruck zu vermitteln,die kommenden Planfeststellungsverfahren sind sehr wenig verbesserungsfähig.
Um dieses hoheitliche Gebahren vom Senat und Behörden bei Planungen, die große Teile der Bevölkerung betreffen zu ändern,kann nur bei Wahlen entschieden werden!
Helmut Biljes