Zum Tod von Hans-Ulrich Klose

Ein Rückblick aus Wilhelmsburger Sicht***

               Hans-Ulrich Klose am 31.10. 2009 vor dem Wilhelmsburger Rathaus

Am 6.10.2023 fand im Hamburger Michel eine bewegende Trauerfeier für den am 6. September 2023 verstorbenen Hans Ulrich Klose statt. Wir greifen an dieser Stelle eine Würdigung auf, die wir zu seinem 80. Geburtstag auf dieser Webseite veröffentlicht hatten.

Klose wurde 1937 in Breslau geboren, war von 1974 bis 1981 Hamburger Bürgermeister und von 1983 bis 2013 Bundestagsabgeordneter mit Wohnsitz in Wilhelmsburg.
Klose hat sich vielfältig für Wilhelmsburg engagiert. In seiner Ära wurden Entscheidungen getroffen, ohne die die Entwicklung Wilhelmsburgs zu dem heutigen agilen und attraktiven Ort zum Wohnen, Arbeiten und Leben kaum möglich gewesen wäre.

Dazu soll hier an einige markante Stationen erinnert werden:

1977: Fünfzehn Jahre nach der großen Flut trifft der Senat endlich die Entscheidung, dass Wilhelmsburg-West als Wohnstandort erhalten bleiben und weiter entwickelt werden soll. Eigentlich sollte nach 1962 das gesamte Reiherstiegviertel bis zur Bahn der Hafenerweiterung zum Opfer fallen: 15 Jahre Ungewissheit, Abwanderung, Investitionsstau und Verfall. Die Menschen in Wilhelmsburg aber gaben nicht auf.
1978 initiiert der Klose-Senat eine „Pilotstudie Wilhelmsburg“, eine Analyse und ein Konzept für ein Maßnahmenpaket zur Stärkung der Wohnqualität und der sozialen Infrastruktur.

1983 beteiligt sich Klose an einer Protestveranstaltung im Gemeindehaus der Emmaus-Kirche: Die Gemeinde, eine örtliche Initiative und die Betriebsratsvorsitzenden der von der Schließung betroffenen Betriebe HDW (Howaldtswerke-Deutsche-Werft ) und der Maschinenfabrik MAN im Hafen hatten Alarm geschlagen. Klose warnte vor der Verarmung des Stadtteils und forderte den Senat zum Handeln auf.

1994 war der Hamburger Senat unter Henning Voscherau fest entschlossen, Hamburgs dritte Müllverbrennungsanlage in Wilhelmsburg zu bauen (Standort Neuhof). Der Standort galt als „alternativlos“. Klose hatte die Massenproteste auf den Straßen mit Blockaden aller großer Brücken und eine klare Ablehnung auch bei allen örtlichen Gremien und Mandatsträgern („wenn der Senat das durchzieht, setzen wir uns gemeinsam mit den Initiativen auf die Köhlbrandbrücke“) lebhaft vor Augen. Seine eindringliche Rede auf dem entscheidenden SPD-Parteitag gab wohl den Ausschlag („dies ist ein schwer belasteter Stadtteil….“). Der Senat lenkte schließlich ein. Wilhelmsburg als Standort der MVA wurde aufgegeben.

Danach findet sich in einem Interview mit Karsten Broockmann und Olaf Zimmermann im Elbe-Wochenblatt vom 5.10.1994 ein interessanter Dialog:

Frage: Nachdem die Müllverbrennungsanlage durch den Schulterschluss der Bürger, der Initiativen und des Ortsausschusses abgewehrt worden ist, gibt es jetzt das erste Gerangel. Der Ortsausschuss scheint Angst zu haben, ihm wird durch die Initiativen etwas weg genommen. (Die Initiative Forum Wilhelmsburg hatte ein „Inselbüro“ als ein effektives Stadtteilmanagement für Wilhelmsburg gefordert, Zukunft Elbinsel). Sehen Sie die Möglichkeiten, Entscheidungen in einem größeren Rahmen zu treffen?

Klose: Ich habe nichts gegen Gerangel. Das gehört zur Demokratie dazu. Solange Leute da sind, die sich rangeln, ist das eher positiv. Meine Angst war eher die, dass die Initiative sich nach dem wesentlichen Punkt wieder auflösen würde. Ich wünsche mir, dass es noch ein längere Zeit so bleibt, denn in Wilhelmsburg gibt es noch verdammt viel zu tun.

 

 

2009: Klose beteiligt sich in erster Reihe an der großen Demonstration von 2000 Menschen auf der Wilhelmsburger Reichsstraße (am 31.10.2009) und schließt sich als Redner auf der Abschlusskundgebung vor dem Wilhelmsburger Rathaus den Protesten gegen die drohende „Autobahnisierung“ Wilhelmsburgs an.

 

 

Ermutigung zu Bürger-Engagement und zu mehr demokratischem „Gerangel“ und Mut zu nicht immer stromlinienförmigen politischen Entscheidungen, wenn es um die Menschen in einem Stadtteil wie Wilhelmsburg geht – ein Vermächtnis Hans-Ulrich Kloses, an das wir un(auch uns) gerne erinnern möchten…

 

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