A 26-Ost: eine Milliarden- Investition gegen den Klimaschutz

Pressemitteilung zur Bürgerschaftssitzung am 18.12.2019

Zu TOP 53 Bericht des Haushaltsausschusses über die Drucksache 21/18745 ( https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/68423/haushaltsplan_2019_2020_einzelplan_7_behoerde_fuer_wirtschaft_verkehr_und_innovation_nachbewilligung_nach_35_landeshaushaltsordnung_a26_ost_hafenpassa.pdf )
Haushaltsplan 2019/2020 Einzelplan 7 – Behörde für Wirtschaft, Verkehr und Innovation: Nachbewilligung nach §35 Landeshaushaltsordnung A26-Ost/Hafenpassage, Abschnitt 6c, Variantenentscheidung zur Tunnellänge in Wilhelmsburg und Beantragung einer Verpflichtungsermächtigung für 2020 in Höhe von 62.711 Tsd. Euro–Senatsantrag.


1. Zur A 26-Ost: Entscheidung der Bürgerschaft am 18.12.2019

Am 18.12.2019 wird die A26-Ost zum ersten Mal seit 2013 Gegenstand einer Entscheidung der Bürgerschaft. Der Senat will aber – ähnlich wie es bei den „Bürgerbeteiligungen“ der Fall war – nicht das Ob der Hafenquerspange zur Debatte stellen, sondern nur das Wie.

Hamburg will die ganze Strecke bei Kirchdorf-Süd zwischen Bahn und A1 als Tunnel bauen und dafür das 480m umfassende westliche Drittel dieser Strecke mit knapp 63 Mio. Euro bezuschussen. Dazu bedarf es der Zustimmung der Bürgerschaft.

Wenn die A26-Ost nicht zu verhindern sein sollte, muss sie wenigstens östlich der Bahn als Tunnel gebaut werden. Das war die Minimalforderung aller Bürgergruppen. Dass diese jetzt auch vom Senat getragen wird, ist positiv zu bewerten. Verbunden ist dieser Tunnel aber mit einer von nahezu allen, auch der Hafenwirtschaft, abgelehnten Anschlussstelle der A1/A26 an der Otto-Brenner-Straße und damit mitten im Wohngebiet. Auf die Anschlussstelle wird nicht nur der Verkehr des Stadtteils und der Gewerbegebiete gelenkt, sondern sie ist auch die Verbindung zwischen der Stadtautobahn B75 und den beiden Autobahnen A1 und A26. Faktisch wird so die Kornweide zu einem Teil eines Autobahnkreuzes.

2. Klimaschutz und Verkehr

Die geplante Autobahn A26-Ost steht in einem diametralen Widerspruch zu der von allen demokratischen Parteien gewollten Mobilitätswende: möglichst Viele sollen vom Auto auf die Bahn umsteigen, ein größerer Anteil des Güterverkehrs soll von der Straße auf die Schiene und das Wasser verlagert werden. So soll eine Zunahme des Verkehrs auf den Hamburger Straßen verhindert werden. Dieses will auch der aktuelle Hamburger Klimaplan erreichen.

Die Planer der A26-Ost prognostizieren dagegen erheblich steigendem Motorisierten Individualverkehr (MIV) und Straßengüterverkehr. Beispielsweise gehen sie davon aus, dass der Kfz-Verkehr über die Neue Elbbrücke und die Freihafenelbbrücke von zusammen 135.000/Werktag im Analysejahr 2013 auf 181.000/Werktag im Jahr 2030 steigt, also um 34%. Wirklichkeitsfremd ist ihre Annahme, dass sich der Containerumschlag bis 2030 auf dann über 18 Mio. TEU verdoppeln würde.

Die unmittelbaren Folgen des Baus der A26-Ost für Umwelt und Klima sind nach dem Bundesverkehrswegeplan des Bundes[1] steigende Stickoxid-, Kohlenwasserstoff-, Feinstaub- und Schwefeldioxid-, Kohlenmonoxid- und über 10.000t Kohlendioxid-Emissionen (CO2) pro Jahr.

Die A26-Ost würde das ökologisch wertvolle Niedermoor bei Moorburg weitestgehend zerstören und mit ihm den Lebensraum von 53 Pflanzenarten der „Roten Liste“ und von 82 Brutvogelarten, von denen 15 gefährdet und 4 sogar vom Aussterben bedroht sind.

Die A26 schafft in hohem Maß induzierten Verkehr, d.h. Verkehr, der ohne sie gar nicht, nicht mit gleich großen Entfernungen oder nicht auf der Straße stattfinden würde. Die A26-Ost holt Pendler von der unzuverlässigen S-Bahn, in der die meisten stehen müssen, in die Autos und verlockt zu zusätzlichen Fahrten in der Freizeit oder zum Einkauf.

Bürgermeister Tschentscher gibt als Ziel des gerade vor einer Woche verkündeten „Hamburg-Takts“ an, dass der ÖPNV gleich komfortabel, schnell und zuverlässig sein solle wie ein Auto. Dies ist unrealistisch, wenn dem Pendlerverkehr eine nagelneue 2-Milliarden-Autobahn gewidmet wird. Eine solche Förderung des MIV ist zudem eine höchst un-soziale Politik: Haushalte mit niedrigem und sehr niedrigem Einkommen haben mehrheitlich kein Auto[2] (vgl. Bundesverkehrsministerium 2018: Mobilität in Deutschland – Kurzreport Hamburg und Metropolregion ). Sie werden sich auch für lange Zeit kein E-Auto leisten können.

3. A26-Ost: ein Ersatz für eine erneuerte Köhlbrandquerung?

Die Konkurrenz zwischen den Projekten A26-Ost und Köhlbrandquerung tritt immer stärker zutage. Schon 2012 erklärte der damalige Bürgermeister Scholz, er wolle „demnächst die Planungen und die Finanzierung des Ersatzneubaus anstoßen”[3].

Tatsächlich aber bezogen sich alle Anstrengungen der Verkehrsbehörde auf die Durchsetzung der A26-Ost. Die Köhlbrandquerung steht im Unterschied zur A26-Ost nicht im 2019 aktualisierten Mobilitätsprogramm der Verkehrsbehörde[4]. Derzeit heißt es, dass die Köhlbrandquerung je nach Ausführung als Tunnel oder Brücke 2,5 bis 3,5 Mrd. Euro kosten soll. Im Wirtschaftsausschuss der Bürgerschaft erklärten die Senatsvertreter[5], ohne eine finanzielle Unterstützung durch den Bund könne eine neue Querung nicht realisiert werden. Im Haushaltsplan für 2019 und 2020 wird – nicht zum ersten Mal – lediglich eine „Vorplanung“ mit der uralten Alternative „Brücke oder Tunnel“ finanziert.

Die A 26 Hafenpassage Hamburg bietet die dringend benötigte zusätzliche Alternative zur Köhlbrandbrücke, um das Hafengebiet zu erreichen.“[6], heißt es auf der Website der Verkehrsbehörde. Laut Feststellungsentwurf zur A26-Ost- ist sie eine „leistungsfähige Ausweichstrecke während Ersatzneubau Köhlbrandbrücke“. Es würde ein redundantes Straßennetz geschaffen. „Die Verkehrsuntersuchungen zeigen bei Vollsperrung der Köhlbrandbrücke eine vollständige Verlagerung des Schwerverkehrs auf die A 26 im Süden.“[7]

Die Brücke wird sicherlich nicht einfach einstürzen, sie dürfte für PKW auch langfristig tragfähig sein, „zu niedrig“ ist sie lediglich für einige der ca. 400m langen Containerschiffe, die aber ohnehin erheblich einfacher in den Terminals Tollerort, Burchardkai und von Eurogate an der Norderelbe als im Terminal Altenwerder am relativ engen Köhlbrand gelöscht werden können. Der Schwerlastverkehr kann schon jetzt nur mit Einschränkungen wie z.B. einem größeren Abstand und Begrenzung auf die jeweils rechte Spur über die Brücke fahren. Erwartbar ist, dass er immer weiter reduziert und schließlich eingestellt werden muss. Das Ergebnis wäre dann ein weiträumiger Umleitungsverkehr über die dann fertiggestellte Autobahn A26-Ost. Warum sollte der Bund dann noch eine zusätzliche Köhlbrandquerung bezahlen? Im Interesse des Hafens allerdings ist die Umleitung über die A26-Ost nicht.

4. Notwendigkeiten für die Hamburger Politik

Hamburg muss, ab 2020 nicht mehr als Auftragsverwaltung des Bundes, sondern als Träger öffentlicher Belange, mit dem Bund über die A26-Ost neu verhandeln, insbesondere im Zusammenhang mit der Köhlbrandquerung sowie über Investitionen für den ÖPNV, insbesondere für die U4 nach Süden.

Hamburg sollte bei der 2021, fünf Jahre nach der 2016 erfolgten Verabschiedung des Bundesverkehrswegeplans (BVWP), fälligen Überprüfung insbesondere auf folgende Änderungen des BVWP drängen:

  • Klimaschutz muss zentraler Maßstab für die Prüfung der Projekte werden.
  • Alternativen des ÖPNV müssen auch während eines laufenden Planfeststellungsverfahrens einer Straße berücksichtigt werden.
  • Bei der Kostenangabe sind realistische Preise zu bestimmen, etwa analog den Hamburger Regeln des „Kostenstabilen Bauens“.
  • Zeitgewinne von weniger als 5 Minuten dürfen nicht als Nutzen gerechnet werden.
  • Induzierter Verkehr darf nicht als „impliziter Nutzen“ des Baus von Straßen gerechnet werden.

Bei einer solchen Überprüfung kann man davon ausgehen, dass z.B. die A26-Ost nicht im Bedarfsplan des Bundes stehen bleibt.

Spätestens dann werden die Alternativen virulent, die die „Verkehrswende Hamburg“ und der Verein „Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg“ erarbeitet haben:

Der Neubau einer Autobahn A26-Ost zwischen der A1 und der A7 würde dem Klimaschutz widersprechen, er nützt dem Hafen nicht, und schadet den Bewohner*innen, die nicht eine autogerechte, sondern eine lebenswerte Stadt Hamburg wollen.

Die Alternativen liegen auf dem Tisch. Hamburg sollte sie ergreifen.


[1] https://www.bvwp-projekte.de/strasse/A26-G10-HH/A26-G10-HH.html

[2] Vgl. Bundesverkehrsministerium BMVI 2018: Mobilität in Deutschland – Kurzreport, Hamburg und Metropolregion, S.11, https://www.hamburg.de/contentblob/11914848/66802cb6f20f2b2e9d84c3da37054f5f/data/mid-2017-%E2%80%93-kurzreport-hamburg-und-metropolregion.pdf

[3] Hamburger Abendblatt, 3.6.2012

[4] www.hamburg.de/bwvi/mobilitaetsprogramm

[5] Bürgerschaftsdrucksache 21/18447 vom 23.9.2019

[6] https://www.hamburg.de/fernstrassen/a-26-hafenpassage-hamburg/das-gesamtprojekt/10385978/trassenverlauf/

[7] DEGES, 2017, A 26-Ost, Abschnitt 6a (VKE 7051) – Feststellungsentwurf, Unterlage 1 , S. 29 und 31– https://www.hamburg.de/contentblob/8276398/7c392db7210dd1af1d95933eb407181a/data/u01-erlaeuterungsbericht.zip


Die Pressemitteilung zum 18.12.2019

Zukunft-Elbinsel-Wilhemsburg_e-V_PM_zur-A26-18122019

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