10.12.2020: Online-Diskussion über die Zukunft des Krankenhauses Groß Sand

„Diese Unsicherheit über die Zukunft des Hauses ist gefährlich“

*** von Liesel Amelingmeyer ***

Die Partei DIE LINKE hatte zur Online-Dikussion über die Zukunft des Wilhelmsburger Krankenhauses Groß-Sand geladen.

Deniz Celik, gesundheitspolitischer Sprecher der Partei DIE LINKE diskutierte  mit Dr. med. Alexander Peter Krueger, Chefarzt Orthopädie Krankenhaus Groß-Sand; Margret Fischer, Vorsitzende der Mitarbeitenden-Vertretung (MAV) Krankenhaus Groß-Sand; Manuel Humburg, ehemaliger Hausarzt und Vorsitzender des Vereins Zukunft Elbinsel Wilhelmsburg sowie Adam Nell & Oskar Tröger vom Aktionsbündnis Rettung der Pflegeschule Groß Sand. Ralf Dorschel, Pressesprecher der Linksfraktion, moderierte die Veranstaltung.

„Schon alleine auf Grund der Topographie hat das Krankenhaus Groß Sand eine hohe Bedeutung für Wilhelmsburg, die Veddel, die Betriebe im Hafen und darüber hinaus für den Hamburger Süden. Diese Region, gerade Wilhelmburg mit seiner Insellage braucht Groß Sand als Allgemeines Krankenhaus. Groß-Sand ist nicht dysfunktional, im Gegenteil. Wir sind qualitativ gut und extrem breit aufgestellt. Wir versorgen jeden Tag Menschen in komplizierten und bedrohlichen Lebenslagen. Wir sind kein Hochglanzkrankenhaus. Wir versorgen extrem bedürftige Menschen und das zu jeder Tages- und Nachtzeit. Die Patientenzufriedenheit ist extrem hoch.“, so fasst Dr. Krueger gleich zu Beginn seine Antwort auf die Frage, wo Groß-Sand als Krankenhaus gerade stehe, zusammen.

Manuel Humburg bilanziert, dass die Gesundheitsbehörde im November-Gesundheitsausschuss und in bilateralen Gesprächen keinen Ansatz erkennen ließ, in die Zukunft des Krankenhauses Groß Sand selbst steuernd einzugreifen. Der katholische Träger, das Erzbistum Hamburg, wäre am Zuge, so die Behördenleitung, und man könne als Fachbehörde nur beratend tätig sein. „Das könnte die Gefahr in sich bergen, dass „unbemerkt“ dem zukünftigen Träger ein „abgespecktes Portalkrankenhaus“ übergeben wird“, so Humburg. Deshalb müssten JETZT von Seiten der Gesundheitssenatorin, Dr. Melanie Leonhardt, klare Kriterien im Sinne des Versorgungsauftrages für ein Allgemeines Krankenhaus an den Träger definiert werden. Eine zentrale Forderung des Aktionsbündnisses Groß-Sand-bleibt!“ auch für die Demo am Dienstag, den 15.12, 17.00 Uhr vor dem Rathausmarkt.

Das Erzbistum steht aktuell in Verhandlungen mit möglichen neuen Trägern zur Übernahme des 200-Betten-Krankenhauses im neuen Jahr. Die Befürchtung von Mitarbeiter*innen und dem „Aktionsbündnis Groß-Sand-bleibt!“ ist, dass in der Zwischenzeit mehr und mehr Krankenhausbeschäftigte abwandern, weil die Zukunft einzelner Abteilungen, wie die Chirurgie und die Notfallambulanz, auf dem Spiel stehen könnten. Das kann Margret Fischer von der MAV nur bestätigen: „Diese Unsicherheit ist gefährlich!“ Das Krankenhaus müsse sich nicht verkleinern, so Fischer. „Wir könnten uns auch erweitern, denn wir sind ein modernes Krankenhaus mit vielen Möglichkeiten.

Adam Nell und Oskar Tröger stellen fest, dass die Streichung der Pflegeschule Groß Sand durch den Träger und die damit verbundene Verlagerung der Schüler*innen an eine Schule nach Hammerbrook schon jetzt Verschlechterungen mit sich bringt, weil die neue Ausbildungsstätte ein anderes Konzept fährt. Beide machen enttäuscht deutlich, dass sie nicht direkt an ihren bisherigen Ausbildungsstand anknüpfen können.
Noch vor einigen Jahren wurde in Fachkreisen das Konzept eines erweiterten Pflegecampus um die Pflegeschule Groß-Sand in Erwägung gezogen, so Manuel Humburg.Das wäre auch im Hinblick auf den Pflegenotstand zukunftsweisend gewesen“, so der ehemalige Hausarzt. Die Situation für die Schüler*innen ist offensichtlich im Moment mehr als ernüchternd.

Alle Beteiligten an der Onlinekonferenz waren sich einig, dass es derzeit von Seiten der offiziellen Politik um die Krise von Groß-Sand sehr ruhig geworden sei. „Wir müssen erreichen, dass die Zukunft des Krankenhauses ein zentrales Politikthema bleibt“, so Dr. Krueger. Er nutzt dabei auch die Gelegenheit, um dem katholischen Träger, insbesondere der Kirchengemeinde St. Bonifatius, für ihre Trägerschaft seit dem Jahr 1949 zu danken. „Sie haben sich um den Standort gekümmert und das Krankenhaus durch sieben Jahrzehnte geführt.“

Deniz Celik von der Fraktion DIE LINKE erläutert einen Antrag seiner Fraktion, der am 16.Dezember in die Bürgerschaft eingebracht werden soll. Die Linke fordert darin die Erhaltung des Krankenhauses mit seiner Grund-, Notfall- und Regelversorgung als Allgemeinklinikum. Sie führen an, dass die wirtschaftliche Renditeerwartung nicht die Grundlage für die Führung des Krankenhauses sein darf, sondern die bedarfsgerechte Versorgung der Patient*innen. Sie bringen mit ihrem Antrag das UKE als möglichen städtischen Träger ins Spiel. Demokratische Strukturen, sprich die Kommune selbst, sollte die Steuerung des Bedarfes und den Ausbau des jetzigen Konzeptes von Groß Sand übernehmen. „Nur dann bleiben wir handlungsfähig. Das ist extrem wichtig für den Hamburger Süden. Südlich der Elbe gibt es nur drei Kliniken, nördlich der Elbe vierzig“, so der gesundheitspolitische Sprecher der LINKEN.

An der Online Diskussion beteiligten sich rund 60 Menschen, u.a. mit ihren Fragen und Statements im Chat. Eine Teilnehmerin bringt es auf den Punkt: „Es wurde so viel Geld in den Stadtteil investiert. Man hat viel gebaut. Gartenbauausstellung, IBA, viele Menschen sind zugezogen. (…) Wir brauchen die dritte Klinik im Süden der Stadt unbedingt. Die kurzen Wege sind außerordentlich wichtig.“

Krankenhaus Groß-Sand mit Rettungswagen – Copyright: Liesel Amelingmeyer


Antrag Fraktion DIE LINKE für die Hamburgische Bürgerschaft am 16.12.2020:

A N T R A G Gesundheitsversorgung auf der Elbinsel sicherstelllen. Krankenhaus Groß-Sand in städtische Trägerschaft überführen.

Aktuelle Stellungnahme des Bündnisses „Aktion Groß-Sand bleibt!“:

20201205_Gross-Sand-JETZT ist die Stadt gefordert

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