Was bedeutet die Olympiabewerbung für Hamburg?

Olympiade

Michael Rothschuh ***

Viele verbinden mit Olympia Erinnerungen an die fröhlichen Spiele 1972 in München, bis der Traum von friedlichen Spielen zerrissen wurde durch das Attentat auf israelische Sportler. Viele erinnern sich auch gerne an den schönen bunten Sommer 2006 mit der Fußballweltmeisterschaft. Sportereignisse können die „schönste Nebensache der Welt“ sein. In der Hamburger Politik aber ist die Bewerbung für Olympische Spiele im Jahr 2024 zur Hauptsache geworden, Entwicklung von Hafen und Stadt werden abhängige Variablen. Wenn die Spiele kommen, so heißt es, werden Hafenbetriebe aus dem Kleinen Grasbrook verdrängt, wird die Hafencity auf den Kleinen Grasbrook erweitert, wird die U 4 verlängert. Wenn nicht, bliebe alles beim Alten.

Überraschend haben Experten des Hamburger Rechnungshofs die Olympiabewerbung kritisiert. Zeitliche Enge der Planung und Entscheidungen, finanzielle Dimension des Projekts und der Vorrang der Regeln des Internationalen Olympischen Komitees stünden im Widerspruch zu in Hamburg geltendem und bewährtem Recht. In der Tat werden wichtige Planungsentscheidungen schon jetzt in einer Olympia-Bewerbungsgesell-schaft getroffen, in der Hamburg nur noch Juniorpartner gegenüber dem Deutschen Olympischen Sportbund ist.

Die Hamburgische Bürgerschaft hat im Mai 2014 mit großer Mehrheit eine „ergebnisoffene Studie“ über Nutzen und Kosten, Chancen und Risiken von Olympia in Hamburg verlangt. Diese Studie ist nicht erstellt worden. Stattdessen gibt es eine Fülle von Präsentationen laufend wechselnder schöner Bilder, in denen dann ein „ondulierendes Olympiastadion“ gezeigt wird, das gleich nach den paar Wochen des Ereignisses wieder „zurückgebaut“ wird. Abgelöst wird es durch ein einzigartiges und entsprechend teures hybrides Gebilde von Wohn- und Sportanlage zugleich, das optisch an das Stadion erinnert.
Versprochen wird ein neuer Stadtteil, eine Erweiterung der Hafencity auf den Kleinen Grasbrook – das mag faszinieren.

Es bedeutet aber auch: Die finanziellen, administrativen und personellen Ressourcen Hamburgs werden auf diesen Stadtteil konzentriert und zugleich den anderen Stadtteilen entzogen. Der Betrieb einer aufwändigen Schwimmhalle dort muss von Bäderland in ganz Hamburg erwirtschaftet werden. Schon die 300 Mio. teure und ziemlich leere U 4 in die Hafencity war mit der Planung für Olympia 2012 begründet, für die damals versprochene U-Bahn in den dicht besiedelten Stadtteil Steilshoop war nichts mehr übrig.

Wohnungen in einer Hafencity-Süd werden ähnlich teuer wie in der jetzigen Hafencity, weil die Grundstückserlöse für die Hafengebiete die Herrichtung des Geländes finanzieren sollen. Daran ändert auch die versprochene öffentliche Förderung eines Drittels mit der damit verbundenen zeitlich begrenzten Reduzierung der Mieten wenig. Hohe Mieten in einer erweiterten Hafencity aber treiben das Mietniveau in ganz Hamburg weiter nach oben.

Ist Olympia 2024 in Hamburg überhaupt möglich? Für eine vergleichbare Planung von Universitätsgebäuden auf dem Kleinen Grasbrook hat das jetzt Olympia planende Architekturbüro gmp 10-12 Jahre bis zum Bezug der Gebäude veranschlagt. Jetzt stehen nach einem möglichen Zuschlag im September 2017 nicht einmal sieben Jahre zur Verfügung. Garantieren kann Hamburg die Fertigstellung bis zum Sommer 2024 jedenfalls nicht.

Kurz vor der Hamburger Abstimmung des Referendums soll nun ein immer wieder verschobenes „Zahlenwerk“ über die möglichen Kosten veröffentlicht werden. Als vor einem Monat ein solches in Boston öffentlich wurde, hat der Bürgermeister die Bewerbung zurück gezogen: zu große Risiken, zu wenig Nutzen, war sein Resümee. Wie wird sich Hamburg entscheiden?

Michael Rothschuh, Tel. 040 6520296
michael@rothschuh.de, 9.9.2015

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